Für medizinische Hilfsorganisationen ist es sinnvoll, ihre Legitimitätsgrundlagen insbesondere in Fällen von Fehlinterpretationen, Besorgnis über den «humanitären Raum», Kontroversen über spezifische humanitäre Massnahmen, Problemen der Ressourcenverteilung und moralischer Belastung bei humanitären Mitarbeitenden offenzulegen. Dies ist jedoch keine einfache Übung, zumal dabei häufig normative Kriterien wie das Völkerrecht oder humanitäre Grundsätze als Hauptgrundlage für die Legitimierung herangezogen werden.
Dieser Aufsatz plädiert für eine auf moralische Grundsätze gestützte Definition von humanitärer Medizin, die auf der selbstlosen Absicht individueller humanitärer Akteur:innen gründet. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) ist ein Paradebeispiel dafür, dass kosmopolitisches Eintreten für Verteilungsgerechtigkeit und kollektive Verantwortung für medizinische Hilfsorganisationen eine gemeinsame Grundlage moralischer Legitimation darstellt. Weniger formell gründet ihre Legitimation auf der Rechtmässigkeit spezifischer Handlungen und Entscheidungen. Dies setzt ein dauerhaftes Engagement für Öffentlichkeits- und Rechenschaftsarbeit voraus. Legitimität basiert auch auf der handfesten Unterstützung einzelner Organisationen durch die Öffentlichkeit, auf der Verpflichtung zu professioneller Integrität und auf akademischer Zusammenarbeit zur Förderung von auf wissenschaftlichen Erkenntnissen gestützter Praxis und operativer Forschung.